Synodaler Weg – Folge 7: Wie sieht heute eine angemessene Kirchengestalt aus?

In dieser Serie von BLOGs informiere ich Sie über den von Papst Franziskus ausgerufenen Synodalen Weg. Sein Ziel ist die Synodalisierung der Kirche, der sie für die Mission in der Welt von heute bereiten soll. Sie können sich auch den Podcast dazu anhören.

In dieser siebten Folge erkläre ich, wie eine Kirchengestalt aussieht, die der Mission in der Welt von heute angemessen ist.

Die Gestalt der Reich-Gottes-Bewegung, die Jesus in Gang gesetzt hat, ist wie Wachs formbar. Möglich ist das im Feuer des Heiligen Geistes. Dieser wirkt durch die biblisch verbürgte Tradition ebenso wie durch die Zeichen der Zeit, also die Anforderungen der jeweiligen Kultur. Tradition und Situation entfachen also ständig das formende Geistfeuer.

Solches ist auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil geschehen. Die Konzilsväter hatten die Welt von heute im Blick und vertieften sich zugleich in die biblischen Überlieferungen. Daraus leiteten sie die Vision einer angemessenen Kirchengestalt ab: angemessen der Tradition wie der Situation der Welt von heute. Vor allem soll die Kirche die zerrissene Menschheit einen: untereinander und mit Gott. Dazu inspiriert sie die Welt zu mehr Gerechtigkeit, wodurch Frieden und Freiheit wachsen können.

Das Mittel, um die Gestalt der Kirche mehr an Tradition wie Situation anzuschmiegen, heißt Reform. Diese gehört zur kirchlichen DNA. Ohne Reformen erstarrt die Kirche, verliert sie ihre Kraft. Ihre Mission in der Welt von heute scheitert.

Viele Reformen sind gleich nach dem Konzil angegangen worden. Dann aber hat der Reformmut nachgelassen. Das macht nicht wenige Kirchenmitglieder ungeduldig. Sie erwarten vom Synodalen Weg einen neuen Reformschub. Sie halten diesen für überfällig.

Für den Synodalen Weg in unserem Kulturbereich schlagen Engagierte in meiner brandneuen Synodenumfrage einige gewichtige Reformen vor. Von diesen will ich im Folgenden knapp berichten.

Ungeduldig verlangen viele, dass die fundamentale Gleichheit aller an Würde und Berufung (also das, was man gemeinsames Priestertum nennt) in alle Vorgänge der Kirche implementiert wird. Dieser steht nach wie vor ein Klerikalismus entgegen, den Papst Franziskus heftig geißelt. Die Frage stellt sich, welche Eignung es in einer Kirche der Gleichen braucht, um angemessen ein Amt ausüben zu können. Dazu reicht es nicht, Amt einfach in Dienst umzubenennen.

Mit der Kirche als Gemeinschaft von Gleichen hängt die Partizipation eng zusammen. Der Papst hat beide Begriffe (Gemeinschaft wie Partizipation) neben die Mission in den Untertitel der kommenden Weltsynode gesetzt. Menschen in demokratischen Kulturen wollen, einer alten kirchlichen Tradition entsprechend, in Belangen, die sie betreffen, nicht nur beraten, sondern auch entscheiden. In der erneuerten Kirchengestalt gilt es neu zu regeln, wie Entscheidungen getroffen werden.

Die katholische Kirche wäre in unserem Kulturbereich bei ihrer Suche nach besseren Regeln für Entscheidungen gut beraten, die reichen Erfahrungen heutiger Gesellschaftsformen zu würdigen und, wo es geht, zu übernehmen. Ohne die Kirche zu einer Demokratie umzuformen, können demokratische Spielregeln Gleichheit, Würde und Beteiligung aller Kirchenmitglieder besser zum Tragen bringen als die ererbten absolutistisch-monarchistischen Formen. Das bezieht sich auch auf die Kür der Amtsinhaber und künftig der Amtsinhaberinnen. Nichts spricht dagegen, dass eine Pfarrgemeinde, eine Ortskirche, eine Weltkirche in gut geordneter Weise ihre Vorstehung wählt.

Die Kirche wird alles Erdenkliche tun, um jegliche Diskriminierung in ihrem eigenen Leben zu unterbinden. Das gilt zwischen „Juden und Griechen, Sklaven und Freien, Männern und Frauen“, so Paulus an die Gemeinde in Galatien. Nicht wenige Kirchenmitglieder fühlen sich diskriminiert und sind verärgert, wenn diese Diskriminierung theologisch wegdisputiert werden. Dazu zählen Menschen mit anderen sexuellen Orientierungen, vor allem theologisch gut gebildete Frauen, welche keine ausreichenden Gründe erkennen, die sie von der Ordination ausschließen.

Will die Kirche ihren versprochenen Dienst an der Einheit der Menschheit glaubhaft erfüllen, muss sie auch dringend am Zusammenwachsen der getrennten Christenheit arbeiten. Ökumenische Schritte auf dem Weg zu einer versöhnten Verschiedenheit sind entschlossen anzugehen. Dazu ist die Zusammenarbeit mit anderen christlichen Kirchen zu suchen. Ebenso dringlich ist die Kooperation mit den anderen Weltreligionen, im Land und weltweit. All das kann schon auf dem Synodalen Weg begonnen werden, indem aus den anderen christlichen Kirchen und Religionen Gäste eingeladen werden.

Es sollte, um diese ergänzungsbedürftige Auswahl an Reformideen abzurunden, in allen Ortskirchen eine Art „Dauersynodalität“ implementiert werden. In einem solchen „Kirchenparlament“ sind alle Gemeinden, Gemeinschaften, Orden, Organisationen der Bildung und der Diakonie, Laienorganisationen angemessen zu repräsentieren. In dieser Einrichtung wird über die missionarische Präsenz der Kirche ebenso wie über strukturell-administrative wie finanzielle Belange beraten und zusammen mit den Bischöfen abgestimmt. Gibt es bei den Bischöfen, welche die Letztentscheidung zu verantworten haben, einen Einspruch gegen einen einmütigen Beschluss der Repräsentativversammlung, dann ist dies zu begründen und die Angelegenheit der Versammlung neuerlich zur Beratung zurückzugeben. Erst dann fällt die rechtsverbindliche Entscheidung durch die Bischöfe.

Ecclesia semper reformanda: ein dringlicher Auftrag also für den Synodalen Weg. Eine historische Chance für die Kirche, sich aus der Erstarrung zu befreien und die Kirche auch für junge Menschen, zumal junge Frauen, erneut anziehend zu machen.

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2 Antworten zu Synodaler Weg – Folge 7: Wie sieht heute eine angemessene Kirchengestalt aus?

  1. Joseph schreibt:

    Zu der Textstelle:
    sollte, um diese ergänzungsbedürftige Auswahl an Reformideen abzurunden, in allen Ortskirchen eine Art „Dauersynodalität“ implementiert werden.
    -.-.-.-.-.-
    Man könnte – würde – sollte – müsste …
    die kirchlich sehr beliebte Verwendung des Konjunktiv:
    Konjunktiv verwenden wir im Deutschen für Situationen, die nicht real, sondern nur möglich sind, … !
    Konjunktiv II verwenden wir, wenn wir über etwas sprechen, das zurzeit nicht möglich ist. Auch in der indirekten Rede oder bei besonders höflichen Fragen/Aussagen nehmen wir Konjunktiv II …. !
    -.-.-.-.-.-.-.
    Diese Dauersynodalität, wenn sich das wer in der Kirche (ganz oben) vorstellen kann ist in der unglückselig großen Zahl von diözesanen (regionalen: Vikariate, Dekanate) Gremien durchaus jetzt schon strukturell vorhanden!
    Diözesanrat, Laienrat, Präsidien der KA, Familienverband, KMB, KFB, KAB, KJ (in vielen Gliederungen) und die vielen Beiräte und Studiengruppen …
    Viele Gremien, immer dieselben leute in wechselnden Rollen, immer neue Anläufe und immer wieder das Sollte-Könnte-Müsste-Würde in den „Ergebnissen“ (Protokollen, Handbüchern, etc.), die dann auch nicht einmal angegangen werden! —
    Weil das Überlieferte und Eingespielte so gut läuft und man den Streit und die SPALTUNG fürchtet (zurecht fürchtet!)
    Es sind uns nicht nur die Priester abhabdeb gekommen sondern auch die willigen Laien. Eine Dekanatsversammlung, wo weit mehr als die Hälfte der „Da-Sitzenden“ das 65. Lebensjahr schon überschritten hat, gibt wenig Hoffnung dass die dann noch „die Hütte einreißen“ und „in 3 Tagen“ wieder aufbauen. Die fürchten jede Veränderung ….
    Aber Anfangen könnte der Herr Schönborn und seine bischöflichen Mitbrüder schon morgen damit!

    Ich bin nicht ohne Hoffnung – „der Geist weht wo (wann?) er will!“ – aber niemand in den kirchlichen Ämtern wäre vor dem Bemühen um „Dauersynodalität“ aufgehalten, auch jetzt nicht!

  2. Brand, Hildegard schreibt:

    Ja, Joseph, die Probleme kann ich sehr gut verstehen, sie stehen im Spannungsverhältnis zwischen Theorie und Praxis, Konkretion und Allgemeinem, Realität und „Utopie“ ( hoch gegriffen) ,
    Dekadenz in um-weihräucherten Alt-Ehrwürdigkeiten und Erneuerungsversuchen im Gang auf der Suche nach neuen Wegen….ehe es zu spät ist…

    Hier eine kleine Exkursion :

    D i e Z e i t e n h a b e n s i c h g e ä n d e r t :
    In meiner K i n d h e i t u n d J u g e n d ( – 50ger/ – 60ger Jahre im letzten Jht. ) waren die Kirchenbänke in den kleinen und großen Kirchengemeinden – auch in einem mittelalterlichen Diözesandom – bis auf die letzte Reihe besetzt… von Kind und Kegel, Alt und Jung. Wir folgten den eingefleischten hochferierlichen Riten, den durchgetakteten Verhaltenanweisungen, waren durchflutet von Weihrauch und liturgischen Gesängen, folgten wie vor einer großen Kirchenbühne dem feierlichen Einzug des prunkvoll verkleideten Bischofs wie dem Einzug eines Kirchenfürsten durch die Menge des Volkes ( theatralisch inszeniert bis ins kleinste Detail nach z.T. Jahrhunderte alten, tradierten Regieanweisungen ) , plapperten und lernten schon mit 6 Jahren Kirchen-Latein ( alles auswendig bald) , ohne je ein Lateinbuch in der Hand gehabt zu haben. Beteten um Gnade und Bewahrung vor Höllenqualen für einen aus der Kirche ausgetretenen Onkel und für die „armen Heidenkinder“, wollten das evangelische Nachbarkind bekehren,
    Gemischt-Ehen – verurteilenswürdig…. usw.

    Kein Amt, auch nicht das des Bischofs und des Papstes wurde hinterfragt, auch nicht so manche sehr fragwürdige Rolle von Bischöfen im Nationalsozialismus,
    von Missbrauch keine Rede ( obwohl mit aller Wahrscheinlichkeit immer schon versteckt, geduldet, verdrängt betrieben. .. ) ..
    Kirchengemeinderäte, Kirchenvorstände tagten irgendwie und beteiligten sich irgendwie, Jugendliche hatten Freizeiten im Kirchenchor und Ähnlichem – mit einem netten Vikar, Pfarrer usw. ..
    Und dann kam Papst Johannes XXIII. – , das Vatikanum II. : kein Latein mehr,
    Zelebrierende dem “ Volk “ zugewandt usw.

    A b e r – es wurden auch im 2. Vatikanum wichtige Dinge nicht k o n s e q u e n t genug angegangen….( eine „Erblast“ bis heute? ) :
    – Frauendiakonie oder gar Ordination,
    – Zölibatspflicht für Priester,
    – Hinterfragung oder gar Aufhebung von so manchen überflüssigen und kirchenbelastenden Dogmen und Moralcodices

    – Lebenformen von LGTB – Menschen waren wohl noch völlig außerhalb von Kirchen- und
    Welt- Öffentlichkeits- Bewusstsein ( diesbezüglich auch sehr späte Gesetzesänderungen in demokratischen Staaten… ).
    – Fragen der Ökumene,
    – Trauung von geschiedenen Wiederverheirateten,
    – auch die Ämterhierarchie mit tiefgreifenden Konsequenzen … usw.

    Gleichwohl – die Übergänge nach dem 2. Vatikanum kamen schnell, fließend, ohne großes Hinterfragen. Frauen studierten selbstverständlich Theologie , Professorinnen aber immer noch weit und breit nicht zu sehen –
    Insgesamt aber eine Zeit mit „offenen Grenzen“ .. ..
    Irgendwann kam die Stagnation ( vielleicht besonders unter Papst Johannes Paul II. und irgendwelchen Hardlinern in der Kurie ? )

    Aber dennoch: – es kam
    – das „Erwachsen – Werden“ , sprich das Mündig – Werden einer nicht geringen Menge des „Kirchevolkes“ , zwar eingeübt in der Akzeptanz von patriarchalen, absolutistischen Herrschaftsstrukturen, aber zugleich das Erwachen im Bewusstsein durch Wissenschaft usw. in einer sich schnell verändernden Welt ( “ …und die Erde dreht sich doch…“ )
    – Emanzipationsbestrebung von Frauen – auch in der Kirche…
    – und dann: “ jüngst“ – die Erschütterungen durch vielfachen Missbrauch
    usw….

    Will alles zusammen heißen: Themen m ü s s e n auf den Tisch und Mitbestimmung darüber – solange es noch Kirchenmitglieder gibt …
    Aber auch deshalb müssen die Themen „Hinz und Kunz“ innerhalb und außerhalb der Kirche als Bürgerinnen angehen – weil die Weltinstitution Kirche immer noch einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf Staaten und Gesellschaften in Nah und Fern hat…
    ..

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