Nachruf auf Peter Zehndorfer

Heute (9.4.2024) um 11 Uhr ist Peter Zehndorfer im Alter von 98 Jahren verstorben.[1] Ich verliere mit ihm den besten Chef meines Lebens, als ich mit ihm im Wiener Priesterseminar in der Leitung diente. Seine Heirat eröffnete mir den Weg zum Habilitationsstudium. Es war mir eine Ehre, seinen Sohn Clemens in Maria Wörth zu verheiraten. Als er wegen eines heftigen Schlaganfalls in der Mödlinger Landesklinik lag, konnte ich ihn gestern noch besuchen. Peter ist seinem Lebensmotto treu geblieben: „Vertrauen in den eigenen Lebensweg und diesen konsequent zu Ende gehen.“ Nun ist er angekommen. Ich bin ihm für so vieles sehr dankbar.

Zehndorfer über sein Leben

Nach der Realschule absolvierte ich 1943 eine Kriegsmatura, da ich bereits im Alter von 17 Jahren zum Militär einberufen wurde. Nach Kriegsende wollte ich in das Kloster Lambach eintreten, beschloß aber dann, Priester zu werden. Ich studierte zunächst Deutsch und Geschichte, dann Theologie. Das Priesteramt übte ich von 1950 bis 1971 aus. Ich war als Kaplan, Pfarrer und parallel dazu als Professor an der Pädagogischen Akademie des Bundes in Baden tätig. 1967 wurde ich Leiter des Priesterseminars, schied aber dann aus dem Priesteramt aus, denn ich wollte heiraten und war mit gewissen Entwicklungen innerhalb der Amtskirche nicht einverstanden. 1971 wurde ich in den Laienstand zurückversetzt und mit Hilfe Dr. Bruno Buchwiesers, des Gründers der Jungarbeiterbewegung, Heimleiter im Berufspädagogischen Institut beziehungsweise im Ausbildungszentrum für Entwicklungshilfe in Mödling. Dort wirkte ich 20 Jahre lang, zuerst als Heimleiter, und später unterrichtete ich als Direktor des Institutes Pädagogik und Fachdidaktik. Das Institut bildet Techniker und Lehrer aus Entwicklungsländern aus, unter anderem aus Palästina, Marokko und Burkina Faso. Zugleich wurde ich Vizepräsident der Jungarbeiterbewegung und wurde mit der Betreuung von Entwicklungshilfeprojekten beauftragt, die damals primär im ehemaligen Obervolta (heute Burkina Faso) stattfanden. Ich war dadurch mehr als 20 Mal in Burkina Faso und betreute dort den Ausbau einer technischen Fachschule mit Hilfe des Bundes. Das Projekt wurde 1968 an die Regierung abgegeben und existiert heute noch, was bei Entwicklungshilfeprojekten nicht selbstverständlich ist. Ab 1971 vertrat ich Dr. Buchwieser und wurde Honorarkonsul. Nach seinem Tod übernahm ich 1993 das Generalkonsulat. Zugleich war ich bis 2002 Präsident der Österreichischen Jungarbeiterbewegung.

Ehrungen

Ernennung zum Officier de l’Ordre National Voltaïque (1978), Großes Ehrenzeichen für Verdienste um das Bundesland Niederösterreich (1986), Großes Ehrenschild der Österreichischen Jungarbeiterbewegung (1988), Ernennung zum Hofrat (1991), Ritter des Ordo Militaris et Hospitalaris Sancti Lazari Hierosolymitani (seit April 2005).

Gespräch mit Peter Zehndorfer[2]

Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?

Erfolg ist für mich der optimale Einsatz der eigenen Fähigkeiten. Ich erachte es als wichtig, dabei nicht über Leichen zu gehen, sondern auch die Interessen anderer zu berücksichtigen. Der persönliche Erfolg wird multipliziert, wenn er auch anderen zugute kommt.

Sehen Sie sich als erfolgreich?

Ja, ich sehe mich als erfolgreich, denn ich konnte auf zahlreichen Gebieten schöne Erfolge erringen. Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg? Das Erleben des Krieges hat mich frühzeitig reifen lassen. Natürlich ist auch eine gute Ausbildung ausschlaggebend. Man darf allerdings nie aufhören zu lernen, sondern sollte auch nach dem Studium noch Neuem gegenüber aufgeschlossen sein. Auch Teamfähigkeit ist wichtig, denn kein Mensch kann alle Aufgaben allein bewältigen. Mit Anordnungen von oben herab kann man auf Dauer nichts erreichen. Im Gespräch, in der Kommunikation und in der Zusammenarbeit liegen die Grundlagen des Erfolges.

Ab wann empfanden Sie sich als erfolgreich?

Es war ein schöner Erfolg, als mich Kardinal König zum Regens des Wiener Priesterseminars ernannt hat, das ist natürlich schon eine Vertrauensstellung, die man nicht so leicht bekommt. Ich empfinde es auch als Anerkennung, wenn ich mit ehemaligen Schülern zusammentreffe, die immer noch katholisch sind und den guten Unterricht loben. In meiner Tätigkeit als Konsul und in der Jungarbeiterbewegung waren es meine ausgezeichneten Mitarbeiter, die hervorragende Arbeit geleistet haben. Ist Originalität oder Imitation, besser um erfolgreich zu sein? Wirkliche Originale gibt es nicht viele. Eines davon war mein Vorgänger Dr. Buchwieser, der immer wieder neue Ideen hatte und in der Durchführung derselben ungeheuer kreativ war. Es ist jedoch wichtig, die eigenen Fähigkeiten zu entfalten und nicht nach irgendwelchen Utopien Ausschau zu halten. Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat? Auf dem religiösen Sektor hat mich ein Kaplan in meiner Heimatpfarre Baumgarten geprägt. In meinem zweiten Lebensabschnitt hat mich Herr Dr. Buchwieser entscheidend beeinflußt. Vieles verdanke ich auch meiner Frau und vielen Freunden, die mitgeholfen haben. Nach welchen Kriterien wählen Sie Mitarbeiter aus? Als Jugendorganisation mit 4.000 Heimplätzen in Österreich suchen wir Heimleiter, die uns als Organisation vertreten, aber auch für das Wohl der jungen Leute Verantwortung übernehmen. Wir versuchen, Mitarbeiter, die sich schon bewährt haben, auch in höheren Positionen einzusetzen. Wir legen Wert auf engagierte junge Menschen, die bereit sind, sich für andere einzusetzen. Diese kommen aus verschiedenen Studienrichtungen.

Wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiter?

Ich glaube, man kann durch das eigene Beispiel motivieren, indem man sich voll einsetzt. Nur mit dem Willen allein ist es aber nicht getan. Im Umgang mit Menschen gibt es gewisse Richtlinien zu beachten und Fehler zu vermeiden. Daher veranstalten wir regelmäßig für Heimleiter und Stockwerksvertreter Fortbildungsseminare.

Wie werden Sie von Ihren Mitarbeitern gesehen?

Ich werde aufgrund meiner umgänglichen Art akzeptiert und respektiert und habe keine Herrscherallüren. Man muß seine eigenen Grenzen kennen. Diplomatie ist gut, aber nicht alles: manchmal ist eine gewisse zielorientierte Führung wichtig. Welche sind die Stärken Ihres Unternehmens? Die Stärke der Jungarbeiterbewegung ist, daß sie parteipolitisch und konfessionell ungebunden ist. Wir fördern demokratisches Denken, das beginnt bei der Wahl der Stockwerksvertreter, die von Studenten und Hausbewohnern gewählt werden.

Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?

Ich habe alles erreicht, was ich erreichen wollte, und habe im Alter von 80 Jahren keine beruflichen Ziele mehr, sondern möchte nur mehr geistig und körperlich in guter Verfassung bleiben.

Ihr Lebensmotto?

Vertrauen in den eigenen Lebensweg und diesen konsequent zu Ende gehen.

Ehrungen

Ernennung zum Officier de l’Ordre National Voltaïque (1978), Großes Ehrenzeichen für Verdienste um das Bundesland Niederösterreich (1986), Großes Ehrenschild der Österreichischen Jungarbeiterbewegung (1988), Ernennung zum Hofrat (1991), Ritter des Ordo Militaris et Hospitalaris Sancti Lazari Hierosolymitani (seit April 2005).


[1] Geboren am 13.2.1926 in Wien, Verheiratet mit Mag. Gertraud, Kinder: Dipl.-Ing. Jakob (1972) und Dr. Clemens (1974). Hobbys: Sport, Wandern, Nordic Walking, Musik. Ehrenpräsident der Österreichischen Jungarbeiterbewegung.

[2] https://www.club-carriere.com/index.php/cb-profile/52598

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Eine Antwort zu Nachruf auf Peter Zehndorfer

  1. peterdiemauswien schreibt:

    Lieber Herr Professor, ich denke seit längerer Zeit darüber nach, wie man das Andenken an den weitgehend unbekannt gebliebenen Freund Wilfried Daim (wieder) erwecken könnte. Er h

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