Ein Nachruf.
1984 war ich von Passau nach Wien zurückgekehrt. Beim Antrittsbesuch hatte mich Kardinal König dringlich gebeten, nicht wie alle anderen Pastoraltheologen der Zeit nach Lateinamerika zu schauen, sondern nach Osteuropa zu gehen.
So organisierte ich im Rahmen der Pastoraltheologie Osteuropaseminare: im Wintersemester studierten wir ein Land, seine Geschichte, die Lage der Kirchen und den Umgang der Kommunisten mit diesen. Im Sommersemester gingen wir auf Fahrt: nach Ungarn, in das damalige Yugoslawien, nach Rumänien, in die Tschechoslowakei. Und auch nach Litauen.
Diese Reise kam mir dieser Tage wieder in Erinnerung, als die Nachricht vom Tod Michail Sergejewitsch Gorbatschow’s die Welt den Atem anhalten ließ. In der Hauptstadt Riga besuchten wir die Kathedrale. Als wir aus der Kirche kamen, stand ein städtisches Fernsehteam vor der Tür. Es hatte von unserem Besuch erfahren. Gleich ging es zur Sache: „Was halten Sie von Glasnost und Perestrojka?“, fragten sie die Studierenden. Es waren jene zwei großen Wörter, mit denen Gorbatschow, 1985 an die Macht gekommen, die Sowjetunion umbauen wollte.
Er selbst erzählte in einem gestern in arte ausgestrahlten Portrait[1], dass er schon am Beginn seiner Amtszeit auf dem Schreibtisch Akten mit Listen von hunderten von Personen vorfand, die erschossen werden sollten. Dies schockierte ihn. Die Sowjetunion, noch einmal seine Aussage, „stecke in einem tiefen Sumpf“. Er wollte sie aus diesem herausbringen.
Gorbatschow hat die Welt verändert. Das Ende der Sowjetunion, der er kraftvoll diente und deren Existenz er durch tiefgreifende Reformen sichern wollte, konnte er nicht verhindern. Das Selbstbestimmungsrecht der Völker war ihm wichtiger als der Fortbestand des Sowjet-Imperiums, auch wenn er darunter gelitten hat, wie er im Portrait erzählt. Gefragt, ob er Menschen kenne, die die Welt verändert haben, sagte er: ja – Lenin: aber zum Bösen. Er aber veränderte sie zum Guten, auch wenn ihm, wie er sehr menschlich zugesteht, nicht alles gelungen sei. Sein Verhältnis zu Putin war sehr angespannt. Drei mit ihm ausgemachte Begegnungen wurden abgesagt: Und auch zum Begräbnis wird Putin nicht gehen: Größe sieht anders aus. Aber es ist auch verständlich und erhellend, ‚Denn zu sehr sind die Ideale der beiden verschieden. Gorbatschow stand, so sagte er mit Blick auf Putin über sich im verfilmten Interview, für die Freiheit.
Am meisten beeindruckt hat mich Gorbatschows Aussage, ob seine Bemühungen um Glasnost und Perestrojka vergeblich gewesen seien. Es habe doch nur eine kurze Zeit nach ihm in Russland eine Demokratie gegeben. Bereits unter Jelzin sei sie schrittweise wieder abgebaut worden. Daraufhin Michail Gorbatschow: Die Freiheit wird sich durchsetzen, auch in Russland, auch wenn es Zeit braucht.
Möge sich sein prophetisches Wort um der Menschen in Russland und der ganzen Welt willen erfüllen: je früher desto besser.
[1] Das Portrait ist überaus berührend und sehenswert: man kann den Film „Gorbatschows Paradies“ herunterladen mit dem link: https://1drv.ms/v/s!Ao_bcxAMgkYmid0-Wic5NH-Nk7UR0A?e=L47TpP
Lieber Paul, immer bist Du ein Stück der Zeit voraus, aber immer hautnah aktuell dran 💥
Jede ZUWENDUNG von Dir ist ein Geschenk, baut auf, vermittelt Kraft zum Weitergehen !!
Bitte, achte auf Dich!
Herzlich, Ursula
Von meinem iPhone gesendet
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Excellent and thank you sharing this!
… was bleiben muss – n e b e n a l l e n K o n t r o v e r s e n
in der Debatte darüber,
wer „der Böse“ sei :
Lenin mit seinem zentralistischen Parteiapparat, eingerichtet auch mit „Terrormethoden“ zur gewalttätigen,, brutalen Durchsetzung eines Sozialismus
( der von der Begriffslogik her ja immer auch soziale Gerechtigkeit zum Ziel haben
s o l l t e ) ohne Rückhalt in einer revolutionären „Massenbewegung“, ohne Rückhalt in einer „basisdemokratischen“ Struktur ( wie etwa nach den „Ideen“ von Rosa Luxemburg ), die ja wohl auch nicht ohne Freiheitsrechte geht,
oder der sogenannte „Raubtierkapitalismus“ mit demokratischem, neoliberalem Gesicht,
aber mit
– durchaus immer wieder brutalen Implementierungen und Unterstützungssystemen
für die schlimmsten Diktaturen z.B. in ganz Mittel – und Südamerika , besonders in den 1970/8O -er Jahren, auch in Afrika, z.B. im Kongo…
– oder auch mit den Kriegen ( nicht wenige nach dem Ende des 2. Weltkrieges) zwecks Eroberung von Ressourcen- Großgebieten auf allen Kontinenten, inclusive Ausbeutung von Kindern und Niedrigst – Lohnabhängigen.
(Das taten beide Großmächte , die USA und seine verbündeten Staaten und die ehemalige UdSSR und jetzt auch in „schleichender“ Art und Weise – China …)
Parallel dazu : die Rüstungsspirale der Gr0ßmächte, auch die immer mehr
atomar-spezialisierte – über Jahrzehnte – „angefeuerte“ Atomrüstung .
Und jetzt zum FRIEDENSNOBELPREISTRÄGER – auch das BLEIBT für mich , sollte bleiben , von Michail S. GORBATSCHOW:
wiedergegeben nach der Sendung in
MDR.de : „Heute im Osten“ , 31.Jan.2017, 8:11; Uhr, mit Bezug auf seinen Gastbeitrag im Time-Magazin
gesprochen aus der Sorge vor einem neuen, sogar atomaren Weltkrieg:
„Der Fokus sollte wieder auf Kriegsprävention liegen.“ ;
offenbar mit dem Ziel der Beendigung des atomaren Wettrüstens.
„In der moderne Welt müssen K r i e g e g e ä c h t e t werden.“
„denn keines der globalen Probleme – weder Armut, noch Umweltprobleme, noch Bevölkerungswachstum oder Ressourcenknappheit – kann durch Kriege gelöst werden.“ (1)
Sie würden vielmehr weitere Probleme schaffen.
Er erinnerte auch an die 198O- er Jahre, als die Regierenden der UdSSR und der USA darin übereinkamen:
“ Ein Atomkrieg kann nicht gewonnen werden. Unsere beiden Nationen werden keine militärische Überlegenheit suchen.“
( Russland und die USA verfügen auch heute noch über 9O % der weltweiten Kernwaffen)
Und nebenbei bemerkt: ( das Selbstbestimmungsrecht der Völker betreffend)
zur „Deutschen Einheit“ (u.a. auch Gorbatschows Verdienst – ohne Blutvergießen):
– Ich hätte nichts gegen den Status der Neutralität der BRD gehabt ( offenbar damals auch Verhandlungsgegenstand für den Vertrag zur Wiedervereinigung ) und auch nichts gegen den Abzug von US-amerikanischen militärischen Einheiten, besonders der jetzt wieder „modernisierten“ Atomwaffen bei uns… ( wer von uns wurde dazu per Abstimmung befragt?)
Wieviel WERT können doch jetzt wieder die Mahnungen von Gorbatschow sein.
( an alle Großmächte gerichtet) ….!
zu ( 1) das heißt für mich: Freiheit geht nicht ohne soziale Gerechtigkeit, nicht ohne die Menschenrechte auf Frieden und Nahrung und zwar heutzutage in Zeiten der „Globalisierung“, weltweite Gerechtigkeit, nicht ohne Ökologie, nicht ohne „Grenzen , Be-Grenzung des Wachstums“ ,
so auch die neueste Verlautbarung des „Club of Rome“..