Missbrauch: Bischofskonferenzen solidarisch mit dem Papst

Immer mehr Bischofskonferenzen stellen sich in der Frage der Aufarbeitung von Missbrauch demonstrativ hinter Papst Franziskus.

Gemeinschaft, Kollegialität, Unterstützung, Treue, Nähe, Zusammenarbeit: das sind die häufigsten Begriffe in den offenen Briefen, die mehrere Bischofskonferenzen der Welt, darunter jene von Spanien, Argentinien, Peru, Paraguay und den USA, an Papst Franziskus geschickt haben.

Anlass für die Stellungnahmen ist der Brief von Erzbischof Carlo Maria Viganò, ehemaliger Nuntius des Heiligen Stuhles in den USA, der den Papst und mehrere Kardinäle beschuldigt, Missbrauch durch den ehemaligen US-Kardinal Theodore McCarrick vertuscht zu haben.

„Sie durchleben derzeit einen rücksichtslosen Angriff, bei dem verschiedene und engherzige weltliche Interessen zusammenkommen“, schreibt die Argentinische Bischofskonferenz dem Papst in einem Brief vom 30. August, der via Twitter bekannt wurde. Die Bischöfe aus dem Heimatland des Papstes versicherten ihm ihre Nähe und schrieben, sie teilten seine „Schmerzen und Hoffnungen“.

In ähnlicher Weise dankte der lateinamerikanische Bischofsrat CELAM in einem Brief vom 26. August dem Papst für seinen „umfassenden Dienst der Selbstaufopferung gegenüber der Kirche“. Sie versicherten Franziskus ihre „Treue, Nähe und Zusammenarbeit“, damit „die Wahrheit über allen Sünden“ zu ihrem Recht komme.

Spanien, Argentinien, Peru, Paraguay und CELAM

Die Bischöfe von Peru unterstrichen ihre „brüderliche und bischöfliche Unterstützung für den klaren, mutigen und festen Weg“, den der Papst „das Boot Christi zu steuern“ habe. Diese Unterstützung sei notwendig „angesichts des Wunsches, die Kirche und ihren Dienst zu destabilisieren“. Auch die Bischöfe Paraguays dankten dem Papst für seine Führung und dafür, dass er „die Arbeit seiner Vorgänger mit großer Demut und Entschlossenheit“ im Kampf gegen Missbrauch fortgesetzt habe.

Solidarität und Zuspruch kam auch von der Spanischen Bischofskonferenz. „Heiliger Vater, Sie sind nicht allein“, schrieb Kardinal Ricardo Blázquez in einem Brief, den die Konferenz auf ihrer Webseite in Auszügen veröffentlichte. „Die Kirche betet für Sie, wie sie es in früheren Zeiten für Petrus getan hat“, so der Vorsitzende der Bischofskonferenz. Er dankte Papst Franziskus für seine Hingabe und seinen „täglichen Kampf für das Evangelium“.

Viganòs Vorwürfe geben allen Papstkritikern Auftrieb

Viganòs Brief sorgt seit seiner Veröffentlichung während der Papstreise nach Irland für Debatten. Er erhebt auf elf Seiten schwerwiegende und zumeist nicht belegbare Anschuldigungen gegen eine Reihe namentlich genannter Kardinäle und den Papst selbst und mündet in eine Rücktrittsaufforderung an diesen. Zahlreiche Gegner von Papst Franziskus berufen sich seither mit Vehemenz auf Viganòs Vorwürfe, anhand derer sie den Kurs des Pontifikats radikal kritisieren und sich in teils drastischen Wortmeldungen in den sozialen Medien äußern.

Der Brief beschreibt Informationswege über mutmaßliche homosexuelle Belästigungen durch Kardinal McCarrick. Dass der als fortschrittlich geltende Kirchenmann seine Macht missbraucht hatte, um sich Seminaristen und jungen Priestern unsittlich zu nähern, war in Klerikerkreisen der Ortskirche nach nun bekannt gewordenen Aussagen mehrerer US-amerikanischer Priester seit langem bekannt. Als ruchbar wurde, dass der Kardinal zu einem früheren Zeitpunkt, 1971 in seiner Zeit als Priester, einen damals 16-jährigen Messdiener belästigt haben soll, nahm Papst Franziskus am 27. Juli McCarricks Rücktritt als Kardinal an und forderte den 88-Jährigen dazu auf, sein Leben zurückgezogen in Stille und Gebet zu verbringen.

Reaktion der US-Bischöfe

Die erste Bischofskonferenz, die sich nach Viganòs Brief zu Wort meldeten, war die US-amerikanische. „Dies sind schwierige Tage, und wir drücken dem Papst unsere brüderliche Zuneigung aus“, bekräftigte der Vorsitzende, Kardinal Daniel DiNardo. Er bat den Papst um eine Audienz, um seine Unterstützung für einen detaillierten Aktionsplan der US-Bischöfe zu erhalten. Die Vorschläge zielen darauf, die Meldung von Missbrauch und Fehlverhalten durch Bischöfe zu vereinfachen und die Verfahren zur Lösung von Beschwerden gegen Bischöfe zu verbessern.

Weitere US- Bischöfe wie Charles Chaput, Erzbischof von Philadelphia, und Thomas Olmsted, Bischof von Phoenix, sagten, sie hätten keine direkte Kenntnis der Fakten, würdigten aber Erzbischof Viganò als integeren Kirchenmann. Anders der Bischof von San Diego Robert McElroy, der sagte, Viganòs Zeugnis sei eine Verzerrung und inspiriert von seinem Hass auf Papst Franziskus und alles, was dieser lehre. Die Überprüfung von Viganòs Anschuldigungen werde aber „dazu beitragen, die Wahrheit herauszufinden“.

(vatican news)

 

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Eine Antwort zu Missbrauch: Bischofskonferenzen solidarisch mit dem Papst

  1. Dr. Markus Büning schreibt:

    NUR DIE WAHRHEIT WIRD UNS FREI MACHEN! In diesem Sinne verweise ich mit voller Zustimmung auf den sehr bemerkenswerten Artikel von Michael Meier (Religionsexperte vom Schweizer Tagesanzeiger). Dieser Mann gehört sicher nicht der Anti-Franziskus-Front an, sondern macht nur eines: soliden Journalismus. Hier der Text des Artikels (https://www.tagesanzeiger.ch/ausland/europa/das-befremdliche-schweigen-der-beidenpaepste/story/21866772) im Wortlaut:
    „Das befremdliche Schweigen der beiden Päpste
    Auch wenn die Vertuschungsvorwürfe gegen Papst Franziskus zu einer konzertierten Aktion der Konservativen gehören, müssen sie nicht unwahr sein.
    Die beispiellosen Vorwürfe von Erz¬bischof Carlo Maria Vigano an das Kirchenoberhaupt haben das Zeug, die katholische Kirche an Haupt und Gliedern zu erschüttern. Der frühere Nuntius in Washington, also der Repräsentant des Vatikans in den USA, will Franziskus schon 2013 gesagt haben, dass der emeritierte Erzbischof von Washington, Theodore McCarrick, «Generationen von -Priestern und Seminaristen verdorben» habe. Franziskus aber habe sich über die angeblich von Papst Benedikt 2008 und 2009 erlassenen Sanktionen gegen McCarrick hinweggesetzt und ihn zum engen Berater gemacht.
    Erst vor Wochen, als eine Untersuchung dessen Übergriffe auf einen Minderjährigen und Seminaristen erhärtete, entliess Franziskus ihn aus dem Kardinalsstand.
    Man kann Leitartikler Mathew Schmitz in der «New York Times» nur beipflichten, dass Franziskus zurücktreten müsste, sollten die Vorwürfe wahr sein.
    Doppeltes Schweigen
    Aber sind sie es auch? Das Schreiben sei eine Mischung aus «Fakten, Fiktion und Gift», hiess es alsbald, eine konzertierte Aktion von Internetportalen, letztlich ein Putschversuch des rechtskatholischen Franziskus-¬kritischen Lagers in der US-Kirche.
    Das ist durchaus möglich, ja plausibel. Aber auch wenn die Komplott-These zutrifft, die Vorwürfe von Vigano entkräftet sie nicht. Diesen als rachsüchtig darzustellen, weil er 2016 von Franziskus in Pension geschickt wurde, ist kurios. Vigano hatte damals mit 75 Jahren schlicht das ordentliche Pensionsalter der Bischöfe erreicht.
    Eigenartig berührt das Schweigen der beiden Päpste. Benedikt XVI. habe sich zum Memorandum von Vigano nicht geäussert und werde es auch nicht tun, erklärte sein Privatsekretär Georg Gänswein. Warum schweigt der Ex-Papst, wenn er seinen Nachfolger entlasten könnte? Franziskus selber mag «kein Wort» zu den Vorwürfen sagen. Die Medien sollten das Papier gründlich studieren, forderte er, und sich ihr eigenes Urteil bilden. Warum dementiert er nicht einfach? Ausser Vigano täte er damit niemandem weh.
    Wusste der Vatikan Bescheid?
    Pennsylvanias Generalstaatsanwalt Josh Shaphiro, der vor zwei Wochen über den Missbrauch von 300 Priestern an tausend Kindern berichtete, erklärte im Nachgang zum Vigano-Schreiben, der Vatikan habe über die Vertuschung von Missbrauch in der US-Kirche Bescheid gewusst. Ob Franziskus selber auch, könne er nicht sagen.
    Durchaus möglich, dass Franziskus allen Vorwürfen zum Trotz den für die Armen engagierten McCarrick schätzte und förderte. Schliesslich hatte er nach Amtsantritt 2013 auch Kardinal Georg Pell zum Finanzchef und in den Kardinalsrat berufen, obwohl die Missbrauchsvorwürfe gegen ihn längst bekannt waren.
    Derzeit steht Pell in Melbourne vor Gericht, angeklagt, sich einst an einem Jungen vergriffen und Missbrauchspriester gedeckt zu haben.
    Es ist bekannt, dass sich Franziskus in der Personalpolitik nicht dreinreden lässt. Wenn sie ihm sympathisch sind, steht er auch zu den schwarzen Schafen. Er verlässt sich auf den Heiligen Geist, das heisst auf sein Bauchgefühl. Wobei die Reflexion zu kurz kommt.
    Die richtigen Schlüsse hat Kardinal Daniel Di Nardo gezogen, der Vorsitzende der US-Bischofskonferenz: Die aufgeworfenen Fragen verdienten «schlüssige und auf Beweisen basierende Antworten». Vom Vatikan fordert er eine umfassende Aufklärung der Vorwürfe und drängt auf eine baldige Audienz beim Papst. Diesen muss er nur an dessen eigene Worte erinnern: «Vertuschung war gestern, jetzt ist Transparenz angesagt.»“

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