Jetzt ist es also ans Licht gehoben: Die Zufriedenheit der Seelsorger hängt nicht von der Größe der Pfarrei ab. Das ist ein erfreuliches Ergebnis, obgleich zugleich bekannt wurde, dass überdurchschnittliche viele Priester trinken, zu viele übergewichtig sind, gar nicht wenige bei der ersten Gelegenheit in die Pension gehen und nicht wenige ins traute Privatleben wechseln. Da kommt viel Flucht aus dem Amt und damit Priesterleid ans Licht.
Fraglich ist auch, ob man nach so kurzer Zeit wirklich herausbekommen kann, wie sich die Verantwortung für die Priestern zugemuteten pastoralen Großräume auswirken? Zudem ist noch nicht abzusehen, was die derzeitige Entwicklung mit dem Priesterbild macht. Viele sind als Seelsorger angetreten und mutieren nunmehr zu Unternehmern pastoraler Mittelbetriebe. Und das in einer Zeit, in der die Menschen, wenn sie überhaupt etwas von einem Priester wollen, lebensnahe Seeslorge mit „geistlicher Kommunikation“ suchen.
Ambivalent ist, dass der angewachsene Berufsstress von vielen spirituell abgefangen wird. Dennist das wirklich der Sinn von Spiritualität, das Unerträgliche erträglich zu machen? Solche Spiritualität erhält opiate Züge. Dass sie wirkt, entbindet die Leitung nicht, die Ursachen des Stresses abzubauen, statt sich im eigenen Tun durch interpretationswürdige Umfragedaten bestätigt zu fühlen.
Perspektivenwechsel vom Priester zur gläubigen Gemeinde
Es gibt freilich noch eine schwerwiegendere Frage. Viele Theoretiker sagen, dass die Strukturreform der sinkenden Priesterzahl geschuldet ist – unter anderem zumindest, denn es sinken ja auch die Zahlen der Mitglieder und die Finanzen. Dass jetzt die Lage der Priester im Auftrag derer erforscht wird, welche die Strukturreform machen, bestärkt diesen Fokus auf die Priester und ihre sinkende Zahl. Doch wie geht es durchaus lebensfähigen Pfarrgemeinden dabei, wenn sie wegen fehlender Priester aufgelöst und zu Filialgemeinden umdefiniert (manche sagen abgewertet) werden? Deren Zufriedenheit steigt nicht, wie auch eine unveröffentlichte Studie in Wien belegt. Was nützen zufriedene Priester in einer unzufriedenen, ja erbosten und gedemütigten Gemeinde? Bewirkt das Leid der Pfarrgemeinden bei den Verantwortlichen wirklich nicht mehr als professionell empathisches Verständnis?
Wer sich nur für die Priester interessiert, ist theologische besehen in Gefahr, faktisch vorvatikanisch zu handeln. Erst wer das gläubige Volk und die Gemeinden vorrangig im Blick hat, denkt und handelt im Sinn des Konzils ekklesial und nicht mehr klerikal.
Es wäre zu hoffen, dass auf die Studie über die Zufriedenheit der Priester rasch eine Studie über die Zufriedenheit in den Pfarren, alt oder neu ist egal, erfolgt. Dass eine solche dringend erforderlich ist, zeigt, dass unter den befragten Priestern (das sind – nur oder immerhin – 55% aller Priester), die nach wie vor gemeindlich verwurzelt sind, zu 60% der Strukturreform gegenüber skeptisch sind. Der Optimismus von Kardinal Christoph Schönborn, dass ja immerhin schon 40% nicht skeptisch sind, ist rührend. Hinter vorgehaltener Hand höre ich dagegen aus Diözesen im deutschsprachigen Raum, die mit ihrer Strukturreform schon weithin „fertig“ sind, dass bei ihnen die Diözese an die Wand gefahren wurden. Zehn Priester aus Köln oder die Initiativgruppe pro consilio in Rottenburg-Stuttgart haben sich diesbezüglich mit anderen Botschaften zu Wort gemeldet.
Das historische Fenster Franziskus nutzen
Noch wäre es Zeit, Papst Franziskus um Erlaubnis zu bitten, auch andere Wege statt die Bildung von Großräumen samt Auflösung von Pfarren zu gehen. Man könnte gemeindeerfahrene Personen finden, ausbilden und zu „Team of Elders“ (Bischof Fritz Lobinger) ordinieren. Bischof Erwin Kräutler belegt in seinem Buch „Habt Mut!“, dass mit dem Wissen des Papstes ein mexikanischer Bischof 300 Katechisten geweiht hat. Auf diese Weise würde nicht mit vielen zwiespältigen Folgen mehr „im Rahmen“ reformiert, sondern „der Rahmen“ würde reformiert werden.
Dass dies alles kein Plädoyer für ein pfarrliches Kirchturmdenken („Campanilismo“ sagen die Italiener liebenswürdig), sondern ein schöpferisches Zueinander von lokalen und regionalen Räumen ist, sei ausdrücklich vermerkt.
Carpe diem! ist den Verantwortlichen der Kirche auch in Österreich zuzurufen. Spirituell Einfühlsame halten es durchaus für möglich, dass die Leitung am Kirchenvolk schuldig werden kann. Ein engagierter Christ sagte mir dieser Tage: Keine politische Gemeinde würde die Ortsfeuerwehr zu Gunsten einer Großraumfeuerwehr auflösen.
Beides … es geht nur BEIDES !
zufriedenen Christen in einer gut funktionierenden Pfarr- oder Teil-GEMEINDE
und ein in seinem Tun und Wirken, wie auch in seinem Leben Glücklicher Seelsorger
Dass dies IDEAL nie ganz erreicht werden kann ist „von dieser Welt“
aber dass alles darauf hinarbeitet ist ein Auftrag an Alle
Wenn der FRANZISKUS nur ein „historisches Fenster“ ist,
dann werde ich wohl konvertieren, zu den Protestanten oder den Altkatholischen ….
aber noch mehr „Zurück ins Mittelalter“ geht einfach nicht
Aus der subjektiven Sicht eines Gemeindemitgliedes – gerade habe ich mich nach einem Jahr Pfarrverband mit den Priestern – es sind jetzt nur mehr 2 für 3 Großstadtpfarreien – vertraut gemacht, d.h. es überrascht mich nicht mehr, wer die hlg. Messe mit uns feiert.
Es hat auch Vorteile, einmal eine andere, neue Auslegung des Evangeliums zu hören (nach 30 Jahren mit demselben Pfarrer tut das gut), man wird wieder neugierig auf die Predigt. Auch Bibelrunden, Vorträge, etc., die eine einzelne Pfarrei nicht schultern konnte, vielleicht auch personell nicht so gut ankam, gibt es nunmehr und werden gut besucht – also mehr Vielfalt, mehr neue Ideen und auch mehr Kommunikation unter den Mitgliedern des Pfarrverbandes.
Die Belastung der einzelnen Priester sollte gem. Ihres Vorschlages verringert und somit mehr Zeit für die eigentliche Seelsorge gewonnen werden, nämlich mehr Laien an die Seite der Priester zu stellen – die gibt es nämlich, wenn man ihnen „echte“ Verantwortung und Mitsprache zutraut.
Nachtrag zu meinem obigen Kommentar -(SZ v. 20.03.2017 „Pilotprojekt der Kirche):
Kardinal Marx, Erzbistum München-Freising, gibt mehr Verantwortung an Laien anlässlich der 2017 bevorstehenden Pfarrgemeinderatswahlen ab.